Fehler im System

29.11.2014

In der Wiener Landesliga sorgte die Begegnung zwischen Landhaus 1c und ASV 13 für Zündstoff. Was bleibt ist ein Beispiel für die Fehlbarkeit des Regulativs. fanreport.com fasst die Komplexität der Ereignisse zusammen und fordert Änderungen.
11teamsports Beat The Cold
 Ob Eigenbau- oder Verbandsspielerregelung. Der österreichische Fußball – egal ob auf Profi- oder Amateurebene, egal ob im Männer- oder Frauenbereich, sieht zahlreiche Regularien und Richtlinien vor, die einen fairen und ausgeglichenen Wettbewerb zwischen den Teams gewährleisten sollen. Unweigerlich bieten diese, genauso wie einfache Spielregeln, wie Abseits- oder Elfmetersituationen, aber auch Diskussionsstoff für Fans, Aktive und Funktionäre.

Eine Bestimmung, die es noch dazu (noch) gar nicht gibt, sorgte kürzlich in der Wiener Landesliga für Zündstoff, speziell zwischen zwei Vereinen. Auch fanreport.com war in der Sache nicht ganz unbeteiligt. Aber der Reihe nach...

Auslöser für die Diskussionen war ein Spiel zur 10. Runde der Wiener Landesliga, jenes zwischen dem Tabellenvorletzten, USC Landhaus 1c, und dem Tabellenzweiten, ASV 13. Die dritte Mannschaft des Bundesligisten gewann die Begegnung mit 4:0 und begrub damit die leisen Meisterschaftshoffnungen des ASV. Dabei setzte der USC (berechtigterweise) - unter anderem - auch die Bundesliga-Kader-Spielerinnen Olivia Mrzyglod und Cornelia Schneeweiss ein, was der unterlegenen Seite nicht schmeckte.

Vorwurf: Wettbewerbsverzerrung

An dieser Stelle kommt fanreport.com ins Spiel. Einer unserer Redakteure verfasste zu jenem Spiel einen Spielbericht mit zahlreichen emotionalen Wortmeldungen der ASV-Trainer, um die allgemeine Stimmung nach dem Spiel bestmöglich wiederzugeben. Der Redakteur tat dies nicht etwa - und das wurde in der Folge missverstanden - um gegen Landhaus Stimmung zu machen oder eine kritische Stellung gegenüber den Entscheidungen des USC einzunehmen. Sondern um auf die Problematik aufmerksam zu machen, dass überhaupt Bundesliga-Kader-Spielerinnen in der Wiener Liga eingesetzt werden dürfen. Diese (gute) Absicht ging jedoch aus dem Artikel nicht immer eindeutig hervor, soviel räumen wir gerne ein.

Trotz aller hitzigen Wortmeldungen nach besagtem Spiel, erreicht fanreport.com am Freitag einen ruhigen Robert Koblinger. Der ASV-Coach lässt die Thematik mit einigen Wochen Abstand unaufgeregt und in aller Sachlichkeit Revue passieren. "Ausgerechnet gegen uns, wo es auch um die Meisterschaft geht, setzt Landhaus A-Spielerinnen ein", spricht er von einer "Verzerrung" der Meisterschaft. In der Tat agierte Landhaus wohl in lediglich drei Spielen mit A-Kader-Spielerinnen - beim Sieg gegen Siemens Großfeld und bei der Niederlage gegen den Sportklub waren es jeweils Michelle Acketa und Sabine Baumann (als Feldspielerin).

"Das finde ich einfach nicht fair", ergänzt Koblinger. "Dass B-Spielerinnen, die nicht zum Zug kommen, im C-Team auflaufen, verstehe ich noch", stellt er klar. Die Notwendigkeit des Einsatzes von A-Spielerinnen in der Wiener Liga, erschließe sich ihm jedoch nicht. Besonders ärgerlich sei der dadurch entstandene Wettbewerbsvorteil aber für seine Spielerinnen gewesen, berichtet der Trainer. "Mit tun auch die Mädchen leid. Das haben sie sehr lange nicht aus den Köpfen bekommen", so Koblinger, der das auch an den plötzlich abfallenden Leistungen erkannt habe. Zu allem Überfluss kam es nach dem Spiel auch noch zu Probleme beim Abschluss des offiziellen Spielberichts durch den Schiedsrichter, "das fällt mir jetzt wieder ein, damals habe ich mir nichts dabei gedacht, obwohl es komisch war", sagt Koblinger.

"Was hat sich Landhaus zu Schulden kommen lassen?"

Doch nicht nur beim ASV 13 machte sich nach dem Spiel Ärger breit. Der USC Landhaus fühlte sich durch die Berichterstattung auf fanreport.com angegriffen. Mehr noch, denn für Obmann Gerhard Traxler sei der Klub "unter falschem Licht" dargestellt worden: "Was hat sich Landhaus zu Schulden kommen lassen, dass Anschuldigungen in den Raum gestellt werden?", weißt der Funktionär den Vorwurf der gezielten Wettbewerbsverzerrung durch punktuellen Einsatz von A-Spielerinnen zurück. Man habe gemäß dem Regelwerk gehandelt, versichert Traxler. "Der Verein hat über mehr als 40 Jahre so viel für den Frauenfußball in Österreich und in Wien getan", erklärt der USC-Obmann, nichts Böses im Sinn zu haben. Warum in der Bundesliga nicht eingesetzte A-Spielerinnen im C-Kader und nicht im B-Kader (wie vorgesehen) zum Einsatz kommen, habe vereinsinterne Gründe. In der Tat spielen nur selten A-Spielerinnen in der zweiten Mannschaft.

Beim ASV 13 ist man natürlich nach wie vor verärgert, Opfer einer Grauzone im Regelwerk geworden zu sein. Böses Blut gegen Landhaus gebe es dennoch nicht. Zumindest nicht in einer derartigen Form, wie man dies nach dem fanreport.com-Bericht. Doch nach den Vorfällen. "Vielleicht war es einfach nur Zufall, dass diese Spielerinnen ausgerechnet gegen uns zum Einsatz kamen", will Koblinger den Schwarzen Peter nicht dem USC zuschieben.

Nichtsdestoweniger ist die Liga durch die Vorfälle einmal mehr auf besagte Grauzone in den Statuten aufmerksam gemacht worden. Denn es gibt keinen Paragraphen, der Landhaus verbietet, eine Spielerin aus dem Kader von A-Trainer Thomas Richter zwei Ligen nach unten zu schicken. Warum ist das so?

Fehler im System

"Das ist ein krasser Einzelfall", erklärt der Frauenfußball-Referent des Wiener Fußballverbandes, Gerhard Lotrian, gegenüber fanreport.com, warum der Einsatz von A-Spielerinnen im C-Team nicht im Detail ausformuliert ist. §4 (1) der "Bestimmungen für 2. Mannschaften (1b) im Österreichischen Frauenfußball" sieht lediglich eine Reglementierung für den Einsatz in der zweiten Mannschaft vor, nicht aber für eine Abstellung in die 1c:

"Eine Spielerin ist an einem Spieltag in der 2. Mannschaft nicht spielberechtigt, wenn sie am selben Spieltag länger als 45 Minuten bzw. eine Halbzeit (exkl. Nachspielzeit) in der 1. Mannschaft zum Einsatz kommt. [...] Es werden lediglich die Einsätze in der Meisterschaft herangezogen, Einsätze im Cup haben hierfür keine Bedeutung."

Lotrian betont noch einmal, dass der USC Landhaus "von den Bestimmungen her korrekt" handle. Die sportliche Werthaftigkeit, Spielerinnen zwei Ligen nach unten zu schicken, stellt aber auch er, nicht nur diesen Einzelfall betreffend, in Frage. In die gleiche Kerbe schlägt Ines Polly, die Obfrau der Wiener Landesliga. "Es ist eine Lücke im System, eine Grauzone", sagt die Funktionärin, die ein weiteres Gedankenexperiment wagt. "Was ist, wenn eine Spielerin 40 Minuten in der A, 40 Minuten in der B und dann noch in der C zum Einsatz kommt?"

Einig sind sich die beiden auch darüber, dass es hier einer Reform bedarf. "Wenn schon die Strukturen der ersten beiden Ligen angepasst werden, dann sollte man sich diese Grauzone auch gleich anschauen", fordert Polly, die "stets auf der Seite der Spielerinnen" sei wehement eine Anpassung der Statuten.

Eine Lösung muss her

Das ist es auch, was der ASV 13 anstrebt. "Wir versuchen mit unserem Anliegen auch zu WFV-Präsident Robert Sedlacek durchzudringen", erklärt Koblinger, der auch um einen Reform-Vorschlag nicht verlegen ist. "Man müsste die Kader vordefinieren", so der ASV-Trainer.

fanreport.com schließt sich dem an und fordert hiermit eine gezielte Auseinandersetzung mit dem Einzelfall und eine dementsprechende Ergänzung der Statuten, spätestens zur kommenden Saison. Dann kann es im Zukunft weder zu Diskussionen und Anschuldigungen unter den Vereinen der Wiener Landesliga, noch zu einer missverständlicher, weil von Emotion geleiteten, Berichterstattungen kommen. Das sich der USC, der stets im Sinne der Regeln handelte, durch diese im Fadenkreuz sah, war jedenfalls nicht im Sinne der Redaktion.

Vielmehr sollte das Bewusstsein geschaffen werden, dass es hier einer Änderung bedarf - zumindest in diesem Punkt dürften sich der USC Landhaus, ASV 13 sowie sämtliche Vereine der Wiener Liga einig sein.

Kevin Bell
Kevin Bell - Redakteur
kevin.bell@fanreport.at

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