Amateur wird Profi-Trainer in Afrika

21.01.2016

Dominik Glawogger Toto Africans
Dominik Glawogger ist seit kurzem als Trainer einer Bundesliga-Mannschaft in Tansania tätig.
11teamsports Beat The Cold
SV Übelbach, SC Kalsdorf II, SC Seiersberg, SK Werndorf, SV Pachern, SV Peggau, Stuttgarter Kickers, Toto Africans. Dominik Glawoggers Vereinshistorie als Spieler bzw. Nachwuchs- und Kampfmannschaftstrainer liest sich nicht, ohne dass zumindest ein, zwei Fragen aufkommen. Toto Africans? Wer und warum?

Während "Toto - Africa" wohl dem ein oder anderen Radiohörer und/oder YouTube-Nutzer sicherlich ein Begriff ist, handelt es sich bei Toto Africans nicht etwag um den Fanklub der eben genannten Band, sondern um einen Erstliga-Klub im südlich von Kenia liegenden Tansania. Im afrikanischen Staat mit knapp 50 Millionen Einwohnern zählt der steirische Amateurkicker, der sich dem Fußball mit Leib und Seele verschrieben hat und neben seiner Tätigkeit als Kicker und Nachwuchstrainer (zwischenzeitlich auch bei den Stuttgarter Kickers im Anschluss eines Praktikums) auch Trainingscamps veranstaltet, als Trainer zum fixen Inventar der höchsten Spielklasse. Wie es zu dem außergewöhnlichen Engagement als Legionär in Afrika kam, wie es Dominik Glawogger als Profi-Trainer bei den Toto Africans geht, wie sich die Premier League sowie dortige Verhältnisse von unseren Strukturen unterscheiden und was er schon alles erleben durfte, erzählt er im fanreport.com-Interview.

fanreport.com: Dominik, du hast es als junger Österreicher gewagt, ein Traineramt in Afrika zu übernehmen? Wie kam es dazu?

Ich habe mich bereits an das Moskitonetz über meinem Bett gewöhnt.
Dominik Glawogger hat sich schon akklimatisiert
Dominik Glawogger: Ich habe mich im Rahmen eines Fußballentwicklungshilfeprojekts für dieses Trainerabenteuer in Tansania beworben. Der Kontakt zu der Organisation bestand schon seit mehr als einem Jahr. Gemeinsam mit einem Team von internationalen Freiwilligen bin ich seit kurzem auch Co-Founder einer Charity, die sich darum kümmert den Kindern hier in Mwanza über den Fußball einen Zugang zu einem geregelten Leben zu ermöglichen. Hier unterstützt mich vor allem mein ehemaliger Verein, der SK Werndorf, der mir Unmengen an Fußballschuhen und Bällen für Kinder zur Verfügung gestellt hat.
 
fanreport.com: Fehlte es an Herausforderungen in Österreich oder war ein Auslandsengagement wie dieses ohnehin dein großer Wunsch?

Dominik Glawogger: Natürlich gibt es auch in Österreich viele interessante Aufgaben für mich als jungen Trainer. Jetzt geht es aber einmal darum zu lernen, Erfahrungen zu sammeln und mich auch als Person weiterzuentwickeln. Immerhin ist es meine erste Station als Trainer einer Kampfmannschaft. Afrika war schon immer ein kleiner Traum von mir. Ich war auch schon für ein Auslandssemester in Russland. Andere Kulturen, neue Menschen und völlig fremde Sprachen, das sind alles Dinge die mich reizen. Und gerade nach dem Studium bietet sich solch ein Schritt natürlich an.

fanreport.com: Wie hat dein Umfeld, Freunde, Familie etc. auf diese Entscheidung reagiert?

Dominik Glawogger: Natürlich waren zunächst alle ziemlich überrascht, aber sie haben mich sensationell unterstützt. Genauso wie einige meiner ehemaligen Vereine! Besonders bedanken möchte ich mich an dieser Stelle auch bei der VB Klinser für den optimalen Reiseschutz. So konnte ich dann auch versicherungstechnisch total sorgenfrei nach Tansania starten.
 
fanreport.com: Warum gerade Toto African und bist du dort jetzt alleiniger Cheftrainer?

Dominik Glawogger: Weil der Verein einem 25-jährigen Österreicher die Möglichkeit gibt in der Vodacom Premier League, der höchsten Spielklasse in Tansania, Tag für Tag mit Fußballprofis zu arbeiten. Außerdem ist die Aufgabe besonders reizvoll, da Toto African als Aufsteiger als einziges Team in der Liga über keinen Sponsor verfügt und die mit Abstand jüngste Mannschaft der Liga stellt. Nur der dritte Torhüter ist über dreißig. Der Rest zwischen 16 und 23. Ich würde uns als ein klassisches Trainerteam, wie es im Moment bei der Admira der Fall ist, bezeichnen. Das Team besteht aus einem 65-jährigen Einheimischen der über die höchste Lizenz im Land verfügt, unterstützt werden wir von einem deutschen Freiwilligen der sich 3-4mal pro Woche um die Torhüter kümmert.  Meine Hauptaufgabe ist die Planung und Durchführung der Trainingseinheiten, er organisiert viel, kennt die Mentalität der Leute hier und kann vor allem die Sprache.

--> Impressionen aus Afrika
 
fanreport.com: Wie wurdest du als junger, österreichischer Trainer aufgenommen und wie gestaltet sich nun dein Alltag?

Dominik Glawogger:
Empfang Tansania
Dominik Glawogger beim Empfang in Tansania im öffentlichen Interesse
Der Empfang am Flughafen war an Herzlichkeit und Glamour kaum zu überbieten. Der gesamte Vorstand wartete schon bei der Gepäcksausgabe auf mich. Ich musste mir gleich ein Vereinstrikot überstreifen und einen Schal umhängen. Am Ausgang stand ich einem Kamerateam und drei weiteren Reporter Rede und Antwort zu meiner Anreise, meinem Wissen über den Tansanischen Fußball und meiner Spielphilosophie. Da die Mannschaft sehr jung ist, gibt es bis dato keine Probleme hinsichtlich Autorität. Die Spieler sind sehr wissbegierig und offen. Ich wohne mit 8 anderen Volunteers aus Deutschland, Spanien und den USA in einem großen Haus. Wir haben eine Haushälterin die sich sehr gut um uns kümmert. In der Nacht bewacht ein Security das Eingangstor. Ich fühle mich im Großen und Ganzen schon sehr wohl und habe mich auch bereits an das Moskitonetz über meinem Bett gewöhnt. Da wir auf Grund der hohen Temperaturen bereits um 8:00 Uhr mit der ersten Trainingseinheit beginnen, läutet der Wecker schon um 6:30 Uhr. Danach geht es mit einem Motorradtaxi ins 10 Minuten entfernte Stadion. Die Zeit bis zum nächsten Training um 16:00 Uhr verbringe ich gerne in einem der wenigen Cafés mit gratis WLAN und bereite mich auf die nächsten Tage vor.
 
fanreport.com: Wo würdest du die Vodacom Premier League ansiedeln, wenn du sie mit Österreichischen Verhältnissen vergleichst?

Dominik Glawogger: Ich denke die fünf besten Spieler der Mannschaft könnten auf jeden Fall in der Erste Liga in Österreich mithalten. Dahinter gibt es dann eine große Anzahl an Spielern mit Regionalliga-Niveau. Man muss dazu sagen, dass es in der Liga drei große Vereine gibt, die seit Jahren dominieren und über ein enormes Fanpotential und auch ganz andere finanzielle Mittel verfügen. Dahinter sind die Spiele alle sehr eng. Jeder kann gegen jeden gewinnen.
 
fanreport.com: Fußball(er) in Tansania - was ist anders bzw. eventuell ähnlich?

Dominik Glawogger: Das Umfeld und die Arbeitsbedingungen sind bestimmt nicht mit einem Profiverein in Österreich zu vergleichen. Ich habe in den letzten Monaten bei den Stuttgarter Kickers an der Geschäftsstelle gearbeitet und täglich gesehen welche Möglichkeiten das Trainerteam mit der Mannschaft dort vorgefunden hat. Zudem sind die Platzverhältnisse hier oft nicht mal Unterliga-tauglich, Spieler kommen in einem völlig überfüllten, öffentlichen Bus zum Training, das einzige bewegliche Tor hat kein Netz, es gibt keine Stangen für das Training und oft können Trainingszeiten aufgrund der chaotischen Verhältnisse in der Stadt nicht eingehalten werden. Auch die finanzielle Situation ist etwas angespannt. Das letzte Gehalt gab es im November. Solche Dinge erleichtern die Arbeit nicht unbedingt. Genauso wie die Tatsache, dass wir die Reisen zu oftmals über 1000 Kilometer entfernten Auswärtsspielen nicht - wie in Europa üblich - mit dem Flugzeug bestreiten werden, sondern landestypisch mit dem Bus. Ähnlich ist bestimmt die Leidenschaft für den Fußball im Land. Überall wird gekickt. Und sobald ein Premiere League- oder La Liga-Spiel im TV übertragen wird, kann es richtig schwierig werden einen Sitzplatz in einem Café zu bekommen.

fanreport.com: Deine kuriosesten Momente bisher?
Die fünf besten Spieler der Mannschaft könnten auf jeden Fall in der Erste Liga in Österreich mithalten.
Glawogger zum Stärke-Vergleich mit Österreich

Dominik Glawogger: Da gab es schon einige. Den größten Schock erlebte ich allerdings als ich am Vormittag vor dem ersten Meisterschaftsspiel einen Anruf vom Präsident bekam und er mir mittteilte, dass die Verantwortlichen es im Laufe der Woche nicht fertiggebracht hatten meine Dokumente an den Tansanischen Fußballverband zu senden und ich deshalb nur auf der Tribüne Platz nehmen könne. Komischerweise war eine Stunde später wieder alles in Ordnung und ich verfolgte das Spiel von der Trainerbank aus. Hier ticken die Uhren eben ein wenig anders. Das erfuhr ich auch als der Präsident nach dem ersten Training wohl etwas übermütig und in gebrochenen Englisch meinte: “We want you to stay here for two and a half years…“ Da musste ich dann doch ein wenig schmunzeln.
 
fanreport.com: Wie sehr bist du Trainer und wie sehr Entwicklungshelfer?

Dominik Glawogger: Ich sehe mich ganz klar als Trainer und versuche die junge Mannschaft weiterzuentwickeln. Allerdings versuche ich auch den Leuten im Präsidium zu vermitteln, was sie an der Organisation noch verbessern könnten, um in weiterer Folge auch die Leistungsfähigkeit der Spieler zu steigern. Zudem trainiere ich, wenn es die Zeit erlaubt, in einer Nachwuchsakademie und versuche dort zu helfen, wo ich kann.

fanreport.com: Wie steht es um deine Karriereplanung? Wie soll/könnte es weitergehen? Kannst du dir vorstellen, in Afrika zu bleiben?

Dominik Glawogger: Ich möchte im September den UEFA-B Lizenz-Lehrgang in Kärnten abschließen. Außerdem habe ich wohl die Möglichkeit ab Juni wieder zurück nach Stuttgart zu gehen, an der Geschäftsstelle zu arbeiten und eine Jugendmannschaft zu trainieren. Das wäre natürlich eine gute Option für mich. Aber wer weiß, die Saison ist ja noch jung und ich habe hier in der kurzen Zeit gelernt, dass man vieles planen kann und doch ständig vor neue Herausforderungen gestellt wird, die man in kürzester Zeit versuchen muss zu meistern. 

fanreport.com: Dabei wünschen wir alles Gute und sagen herzlichen Dank für das Interview!

--> Impressionen aus Afrika
Mehr dazu gibt's im Blog -> Two Nations - One Passion

Englisch war vielleicht doch ein wenig zu euphorisch

Paul Reiter
Paul Reiter - Administrator
paul.reiter@fanreport.at

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