'Einen Plan B gab es nicht'

29.12.2014

Daniel Engelbrecht Fotocredit: Facebook-Site Daniel Engelbrecht
Daniel Engelbrecht sorgte mit eingebautem Defi für das Comeback des Jahres!
Der Profikicker aus dem Lager der Stuttgarter Kickers (3. Liga) blickt auf eine äußerst turbulente, kräftezehrende Zeit zurück, aus der er kürzlich wie Phönix aus der Asche emporstieg - und wie! Wie er das geschafft hat? "Einen Plan B gab es für mich nicht - ich habe alle Kraft in Plan A gesteckt!", so der 24-jährige Daniel Engelbrecht, der im fanreport.com-Interview über seine einzigartige Geschichte spricht. Eine Geschichte von Schockmomenten, der Angst um das eigene Leben, dem großen Traum vom Profifußballer und dem beständigen Glauben an ein Happy End.
 
fanreport.com: Daniel, vor etwas mehr als einem Monat bist du nach mehr als 16 Monaten das erste Mal wieder auf dem Platz gestanden, ausgerechnet gegen jenen Verein - Rot-Weiß Erfurt - bei dessen damaliger Begegnung du zusammengebrochen bist und die Leidenszeit seinen Anfang nahm. Hättest du selbst damit gerechnet, so schnell bzw. überhaupt wieder in den Profibereich zurückzukehren?

Ich war mir sicher, wenn ich noch einen Sprint mache, breche ich wieder zusammen.
Daniel Engelbrecht während eines Spiels
Daniel Engelbrecht: Nein, dass es so schnell ging habe ich nicht gedacht, ich nehme es aber gerne mit und bin sehr froh darüber.  Seit 01.11. bin ich ja wieder richtig im Training, am 16. Juni habe ich mit Spezialtraining angefangen, also Aufbautraining. Da hieß es dann eine Minute Laufen, eine Minute Gehen. Ich habe mir jetzt aber keine voreiligen Ziele gesteckt, sondern lasse mir da Zeit und sehe ohnehin wie es kommt.

fanreport.com: Deine Rückkehr verlief beinahe filmreif. Im Zuge deines zweiten Kurzeinsatzes gegen Wehen Wiesbaden hast du in der Nachspielzeit mit deinem Comebacktreffer für den 2:1-Sieg deiner Mannschaft gesorgt - mittlerweile stehst du nach vier Kurzeinsätzen bei zwei Treffern und hast aufgrund deiner Geschichte international für mediale Furore gesorgt. Medien aus aller Herren Länder buhlten um ein Interview mit dir...

Daniel Engelbrecht: Ja, das war alles schon extrem. Sogar ein Medium aus Brasilien suchte Kontakt über den Verein, um ein Interview mit mir zu bekommen. Ich konnte aber nicht hinfliegen, da ich keine Zeit dafür hatte, schließlich waren da noch zwei Runden zu absolvieren und ich wollte mich voll darauf konzentrieren. Eine Einladung aus Malta musste ich ebenfalls ablehnen, das klappt halt zeitlich jetzt überhaupt nicht, die Winterpause verbringe ich dann sowieso zuhause.

fanreport.com: Das heißt abgesehen vom Medientrubel ist bei dir wieder der Fußballeralltag eingekehrt?
 

Daniel Engelbrecht: Also was das Training betrifft gibt es für mich keine Einschränkungen, ich bin komplett im Training drin. Im Gegenteil: ich trainiere mehr, schließlich muss ich ja noch eingies aufholen!
 
fanreport.com: Aber zurück zum "Anfang". Die Geschichte deiner schweren Zeit nahm mit dem 21. Juli 2013 beim Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt seinen tragischen Anfang - erinnerst du dich überhaupt genau daran und sprichst du heute noch darüber?

Daniel Engelbrecht: Doch, das ist kein Problem. Damals beim Spiel kam es wie aus dem Nichts, plötzlich ist alles rundherum still geworden, auf einmal bin ich weggewesen, dann wieder zu mir gekommen und wieder weggewesen. Ich habe anschließend noch weitergespielt, weil  ich dachte, dass es vielleicht nur ein Hitzeschlag sei. Als ich zwei Wochen später wieder spürte, dass ich kurz vor dem Zusammenbruch stehe, wusste ich, dass ich raus muss. Ich war mir sicher, wenn ich noch einen Sprint mache, breche ich wieder zusammen. Ich bin dann sofort ins Krankenhaus und dort ist herausgekommen, dass ich eine Herzmuskelentzündung habe. Die wurde vielleicht durch eine verschleppte Erkältung oder entzündete Zellen verursacht. Man wusste bei mir nicht woher sie kommt, Fakt war, dass die Entzündung da war. Diese Entzündung ist dermaßen ausgeartet, dass sie bleibende Schäden hinterlassen hat. Also eine Vernarbung, die zu Herzrhythmusstörungen führt.

fanreport.com: Wie sind dir die Augenblicke unmittelbar nach der Diagnose im Krankenhaus in Erinnerung?
 
Du stirbst jetzt. Mach' dir deine letzten Gedanken!
Daniel Engelbrechts Gedanken während des Defi-Schocks
Daniel Engelbrecht: Damals war ich alleine im Krankenhaus. Das war ein Riesenschock für mich, als von Herzmuskelentzündung die Rede war. Das war die schlimmste Nachricht, die ich überhaupt kriegen konnte. Mein Arzt meinte dabei noch, dass ich froh sein könne, dass ich noch lebe und man erst abwarten muss, ob ich jemals wieder spielen kann. Nach dreimonatiger Pause bin ich dann voller Hoffnung zur Nachuntersuchung – dort hat sich abermals das Schlimmste bestätigt. Bleibende Schäden und Narben am Herzen, die Herzrhythmusstörungen verursachen, sobald die Herzmuskelentzündung weg ist. Ich war sprachlos, konnte nichts sagen, mir haben die Worte gefehlt. Ich war am Boden zerstört und hab' die Ärzte angefleht, dass sie etwas unternehmen müssen. Ich wollte alles riskieren, um wieder auf den Platz zurückzukommen.

fanreport.com: Wie ist es dann nach der niederschmetternden Nachricht weitergegangen?

Ich hatte einen Puls von 300, wo man mindestens bewusstlos, normalerweise tot ist.
Daniel Engelbrecht im Glück
Daniel Engelbrecht: Am 13.12., freitags, hat mich der Arzt angerufen und gemeint, „es gäbe eine Möglichkeit, wenn sie mir einen Defibrillator einbauen würden". Der würde im Notfall mein Leben retten. Ich habe nicht überlegt und sorfort gesagt: "Ja, das lass' ich mir einbauen!" Den Defi habe ich kurz darauf eingebaut bekommen, bis 23.12. war ich noch im Krankenhaus, Weihnachten und Silvester sollte ich aber schon wieder zuhause verbringen. Bald wurde es aber aufgrund von Herzrhythmusstörungen immer schlimmer. Deshalb folgten am 13. und 29. Jänner zwei weitere Operationen, die aber allesamt erfolglos verliefen.

fanreport.com: Wie hat es nach zwei erfolglosen Operationen in dir ausgesehen, wie war dein Zustand? Man könnte mutmaßen, dass sich aufgrund der unbefriedigenden Situation Sorgen und Angst breitgemacht haben...

Daniel Engelbrecht: Ja natürlich. Die allerschlimste Zeit war von 29.01. bis 20.5., dem Termin der dritten bzw. eigentlich vierten OP. Damals wurde ich am 29.01. vom Defi geschockt. Das ist das schlimmste Gefühl, das ich jemals hatte, das wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht. Ich war in dem Moment zu 100% überzeugt „Du stirbst jetzt. Mach' dir deine letzten Gedanken!“. Ich habe mein Leben - wie man es sonst nur von Filmen kennt - an mir vorbeiziehen sehen. Das Einzige, das ich mir da gewünscht habe, war, mich noch von meinen Freunden und meiner Familie verabschieden zu können bevor ich sterbe. Ich bin zu Boden gegangen, dann hat es geknallt und ich bin quer durch den Flur geflogen, weil mich der Defi geschockt hatte. Ich war beim Schock bei vollem Bewusstsein. Laut Ärzten hatte ich einen Puls von 300, wo man mindestens bewusstlos, normalerweise tot ist. Sie haben gemeint, dass ich das überlebt habe spricht für meinen Kampfgeist, aber der Moment wird mich für ein Leben lang begleiten. Mir sind beim Schock 830 Volt durch den Körper. Die Ärzte hatten darauf aber gute Nachrichten und waren überzeugt, das mit der OP am 20.05. in den Griff zu bekommen. Sorgen machte ihnen nur meine psychische Verfassung aufgrund des Vorfalls, weshalb sie mir eine psychologische Therapie empfohlen haben. Ich dachte mir nur, ich habe nichts zu verlieren und habe sie deshalb gemacht, so wurde ich etwas vom Alltag abgelenkt. Die Therapie hat mir ermöglicht, mit der Angst eines neuerlichen Schocks umzugehen. Denn ich hatte davor absolute Panik und Angst, dass der Defi wieder losgeht, das war richtig schlimm. Ich konnte Nächte lang nicht schlafen, hatte vor dem Einschlafen Angst, der Defi könnte mich ja wieder schocken. Schließlich können die Herzrhythmusstörungen ja auch im Schlaf und nicht nur bei Überanstrengung auftreten. 


Paul Reiter
Paul Reiter - Administrator
paul.reiter@fanreport.at

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