fanreport.com: Hallo Goran, seit unserem letzten Interview vom November 2016 hat sich einiges getan. Nach der Trennung von Damir Canadi wurde das Amt des Cheftrainers an dich übergeben. Was hat sich seitdem für dich geändert?
fanreport.com: Nach dem die Trennung von Damir Canadi feststand, war vielen klar, dass man zumindest bis Saisonende eine interne Lösung sucht. Hast du damit gerechnet beziehungsweise insgeheim gehofft, dass das Amt an dich übergeben wird?
Nein überhaupt nicht. Da es nicht gut lief, waren wir von Woche zu Woche so fokussiert, dass gar kein Platz für andere Gedanken vorhanden war. Da muss man seine Energie einfach in andere Dinge stecken.
fanreport.com:
Wie eingangs erwähnt bist du seit 13 Tagen offiziell neuer Cheftrainer. Wie läuft die Zusammenarbeit mit den Jungs bis jetzt?
Bis jetzt wirklich sehr gut. Es ist auch im Vorfeld gut kommuniziert worden, dass die Truppe charakterlich einfach Top ist. Jeder hat Respekt und zeigt sich von seiner besten Seite. Viele wissen auch, dass Sie bei Null anfangen können beziehungsweise dürfen.
fanreport.com: Vorige Woche hat auch für dich als Canadi-Nachfolger eine neue Zeitrechnung begonnen. Zum Debüt gab´s gleich den ersten Sieg - wie war es für dich, bei der traditionellen Stadionrunde von den Fans bejubelt zu werden?
Ich war sowas von erleichtert! Es ist enorm viel Druck weggefallen – bei mir, bei den Spielern und im gesamten Trainerteam. Ich war zwar etwas müde aber hab das ganze natürlich sehr genossen.
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Bis jetzt gab´s leider nicht nur schöne Erfahrungen. Wenn man an die 0:3-Pleite gegen Ried und die Szenen nach dem Spiel denkt, bei dem die Fans die Mannschaft mit "Wir haben die Schnauze voll"-Sprechchören verabschiedete. Wie sehr zerrt so etwas am eigenen Nervenkostüm?
Ich bin das ganze natürlich nicht gewohnt, da ich noch nicht lange bei Rapid bin. Aber wie ich das mitbekommen habe, gehört das einfach zu diesem Verein dazu. Man muss auch sagen, dass die Fans uns wirklich extrem gut unterstützen. Wenn es dann längere Zeit – wie bei uns – nicht gut läuft, muss man deren Frust auch verstehen. Ein Großteil der Anhänger lebt ja für Rapid, das unterschätzen wir als „Außenstehende“ oft. Daher verstehe ich den Frust vollkommen. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir uns nach jeder Niederlage zwei Minuten lang anpöbeln lassen müssen. Entschuldigenderweise stellt man sich den Fans und geht dann zurück in die Kabinen.
fanreport.com: Kommen wir jetzt zum kommenden Sonntag, bei dem dein erstes Wiener Derby auf dem Programm steht. Kann man das als dein bisheriges Spiel des Lebens betiteln?
Es ist sicher das Highlight, was meine Laufbahn als Trainer betrifft. Im Allianz Stadion vor 26 000 Zusehern – das ist in Österreich einfach einmalig. Von dem her ist die Vorfreude auf das Spiel und die Stimmung natürlich riesig.
fanreport.com: Generell wartet in den kommenden fünf Tagen ein straffes Programm auf dich. Nach dem Derby am Sonntag geht´s am Mittwoch beim LASK um den Einzug ins Cupfinale. Viele Rapid-Fans träumen ja vom Cup-Sieg, um nächstes Jahr auch ins internationale Rennen zu starten. Wie richtungsweisend sind die kommenden Tage für den gesamten Verein und natürlich auch für dich persönlich?
Sehr richtungsweisend – sowohl für den Verein, als auch für mich persönlich. Im Fußball geht es im Endeffekt ja nur um Resultate. Gewinnen wir die nächsten beiden Partien, stehen die Chancen, dass es mit mir weitergeht, sehr gut. Da wäre besonders der Einzug ins Cupfinale wichtig. Das war seit Jahren nicht mehr der Fall und wäre einfach ein Highlight.
fanreport.com: In der Vorwoche baten wir deinen ehemaligen Ebreichsdorfer-Kollegen und Freund Amir Bradaric zum Interview. Er war im Spiel gegen Altach im Stadion und drückt - wie der gesamte Verein - die Daumen! Wie sieht das am Sonntag aus, kommt ein Fan-Bus mit der ganzen Familie?
Es kommen natürlich alle meine wichtigsten Leute. Meine Frau, meine Tochter, mein Bruder und mein bester Freund Amir Bradaric werden live dabei sein. Mein Sohn hat am Samstag leider selber ein Spiel aber es gäbe ja ohnehin keine Karten mehr.
fanreport.com: Kommen wir zum Abschluss noch einmal auf deinen Vorgänger Damir Canadi zurück. Schenkt man diversen Artikeln und Schlagzeilen einen Glauben, war er auf der Beliebtheitsskala eher weiter unten zu finden. Wie hast du, der vor allem für seinen tollen menschlichen Umgang bekannt ist, das alles wahrgenommen und was hättest du vielleicht anders gemacht als er?
Von der Philosophie her ist jeder Trainer grundverschieden und arbeitet anders als sein Vorgänger. In seinem Fall ist es einfach viel zu viel, was in letzter Zeit an Kritik ausgeübt wurde. Aber wenn man Trainer bei Rapid ist und über einen längeren Zeitraum nicht in die Erfolgsspur zurückfindet, ist das denke ich normal. Ich kann nur sagen, dass alles überhaupt nicht so schlimm war, wie es dargestellt wurde. Ich persönlich habe Damir sehr viel zu verdanken - er hat alles dazu beigetragen, dass ich heute da bin wo ich bin. Daher tut es mir für ihn natürlich leid, dass er in der Öffentlichkeit so dargestellt wird.
fanreport.com: Gab es seit der Trennung noch Kontakt zu ihm oder muss erst Gras über die vergangenen Monate wachsen?
Das braucht jetzt natürlich einmal seine Zeit. Aber er hat sich bei uns nett verabschiedet und braucht jetzt erst einmal seinen Urlaub und Abstand.
fanreport.com: Viel Danke für das ausführliche Interview, wir wünschen dir weiterhin alles Gute auf deinem Weg!