'Einen Plan B gab es nicht!'

14.12.2014

Daniel Engelbrecht Fotocredit: Facebook-Site Daniel Engelbrecht
Die Geschichte von Daniel Engelbrecht liest sich beinahe wie das Drehbuch eines Sportdramas mit Happy End.
fanreport.com: Gab es eigentlich jemals so etwas wie einen Plan B für dich? Was wäre gewesen, wenn du aufgrund der Diagnose mit dem Fußball abgeschlossen hättest und auf den eingebauten Defibrillator verzichtet hättest?

Daniel Engelbrecht: Ich hätte kein normales Leben mehr führen, mich nicht mehr anstrengen können, das hätte natürlich auch geheißen, dass ich keinen Sport mehr machen hätte können. Kein Sport ist kein Leben. Das kann und will ich mir nicht vorstellen. Deshalb hatte ich keine Gedanken an Plan B und hab' all meine Kraft in Plan A gesteckt. Ich habe zwar eine Ausbildung gemacht, wollte aber in diesem Bereich nicht arbeiten.

fanreport.com: Also in der all der harten Zeit und dem Weg zurück gab es keine längere Phase, wo du dich der Verzweiflung hingegeben hast und den Traum vom Profifußballer hinschmeißen wolltest?
 
Fußball ist die beste Therapie für mich.
Daniel Engelbrecht über seine Therapie...
Daniel Engelbrecht: Es gab eine Phase, da hatte ich wirklich Depressionen. Ich konnte nicht mehr alleine raus, alleine schlafen, es war als ob meine Seele tot wäre, ich konnte nichts mehr machen. Trotzdem hatte ich nie einen Gedanken daran aufzugeben und alles einfach so laufen zu lassen. Die unzähligen Nachrichten und Rückmeldungen und Botschaften, dass ich jetzt für viele ein Vorbild bin, machen mich natürlich stolz und bestätigen mich auch. 

fanreport.com: Mit dem belgischen Profi Anthony van Loo gibt es einen Fußballer mit ähnlichem Schicksal. Van Loo wurde ebenso ein Defi eingebaut, von dem er während einer Meisterschaftspartie sogar schon geschockt wurde (s. Video). Wie sieht dein (sportlicher) Alltag damit aus, bist du vorsichtiger geworden oder kannst du diesen Umstand ausblenden, ohne von Angst begleitet zu werden, es könnte zu einem Schock kommen?

Daniel Engelbrecht: Sobald ich am Platz bin, kann ich das komplett ausblenden. Fußball ist die beste Therapie für mich. Jedes Training gibt mir Vertrauen, aber das dauert halt. Von Tag zu Tag wird das besser. Zudem weiß ich ja, dass der Defi meine Daten jeden Tag an das Krankenhaus schickt, damit die sehen was los ist, also ob auch alles in Ordnung ist. Zu van Loo muss man vielleicht noch sagen, dass er geschockt wurde nachdem er zusammengebrochen war. Also er hatte zwar danach Schmerzen vom Schock, hatte aber nicht das Gefühl, von innen zu verbrennen, wie es damals bei mir der Fall war.

Van Loo - Defischock
fanreport.com:
Zusammengefasst hattest du im Zuge deiner Zusammenbrüche zweimal richtig Glück, dann der Defi-Schock bei Bewusstsein. Wo hast du dermaßen viel Kraft und Hoffnung getankt? War Religion dabei auch ein Thema?
 
Daniel Engelbrecht: Am Anfang dieser Zeit war ich noch mit meiner mittlerweile Ex-Freundin zusammen. Sie und ihre Mutter sind Krankenschwestern. Dort daheim habe ich mich immer sicherer gefühlt, Hilfe wäre sozusagen immer in der Nähe gewesen. Seit ich klein bin, bin ich ein Kämpfer. Ich habe noch nie irgendetwas aufgegeben. Es gab zwar Tage, da zweifelt man daran, ob das nochmal wird, aber am Ende des Tages habe ich mir immer geschworen „Du tust alles um wieder zurückzukommen, trotz der ganzen Rückschläge. Du wirst der erste Profi mit Defi. Wenn nicht du, wer sonst!" - sowas hab' ich mir immer eingeredet. Und ich glaube an Gott, wenn der nicht gewesen wäre, wäre ich schon öfter tot gewesen. Ich war mir sicher, wenn Gott will und ich daran arbeite, komme ich zurück. Dafür wurde ich jetzt auch belohnt!

fanreport.com: Wenn man das alles so hört, denkt man auch an jene Personen, die einem nahestehen. Jede Mutter wäre wohl froh, wenn es dem Kind einfach wieder gut gehen und dieses nicht noch mehr riskieren würde, beispielsweise um jeden Preis wieder zurück in den Profifußball einzusteigen. Wie oft wurde darüber im engsten Kreis gesprochen? Haben dir Familie oder Freunde irgendwann vom Comebackversuch als Profi abgeraten oder haben diese immer voll mitgezogen?

Daniel Engelbrecht: Die Unterstützung kam von allen Seiten zu jeder Zeit. Natürlich hat meine Familie gesagt, dass sie sich freuen würden, wenn ich sage, ich mache was anderes und höre mit Fußball auf. Jeder der mich kennt weiß aber, dass mein Kopf wie eine Wand ist und dass es keinen Sinn macht, mich zu überreden. Mein Umfeld hat akzeptiert: "Okay so ist er, er will zurück. So wie wir ihm helfen können, tun wir das auch". Wenn ich wieder zusammenbrechen sollte, würden sie nicht sagen „Das haben wir dir ja gesagt“, sondern sie würden mir die Hand geben und mir wieder aufhelfen.

Mit kurzfristigen, kleineren Zielen bin ich zuletzt immer besser gefahren, dabei bleib' ich auch.
...über seine nächsten Ziele
fanreport.com: Hat deine Erkrankung und der Weg zurück auf den Platz die Beziehung zu deinen engsten Freunden und deiner Familie verändert?
 
Daniel Engelbrecht: Die Beziehung ist sicher stärker geworden. Es herrscht natürlich jetzt eine viel tiefere Verbindung, weil wir all das miteinander durchgemacht haben. Ich wusste immer, dass mich meine Familie, Freunde und auch der Verein voll und ganz unterstützen.
 
fanreport.com: Wie bist du während all der Zeit eigentlich mit dem Thema Fußball umgegangen, wie hast du deinen Beruf und deine Passion verfolgt?

Daniel Engelbrecht: Ich habe bewusst so wenig 1., 2. und 3. Liga wie möglich gesehen. Es hat mir in der Seele wehgetan, weil ich nicht selber kicken konnte. Unsere Spiele habe ich aber größtenteils gesehen, bin fast zu jedem der Heimspiele und zu ein paar Auswärtsspielen. Alles andere in Bezug auf Fußball habe ich versucht zu vermeiden. Der Kontakt zum Verein war allerdings immer da, die haben mich immer unterstützt und laufend gefragt wie's mir geht. Es gab nie Gespräche bezüglich einer Vertragsauflösung, weil mein Zustand zu riskant wäre, dafür bin ich dankbar.
 
fanreport.com: Jetzt bist du nach vier Kurzeinsätzen und zwei Treffern in der Winterpause angelangt - was hast du dir für die nächsten Monate bzw. deine Zukunft vorgenommen?

Daniel Engelbrecht: Für die Zukunft hab' ich mir jetzt keine großartigen, langfristigen Ziele gesteckt, sondern ich will jetzt zu 100% wieder der Alte werden und Kraft bekommen. Aber klar, wenn ich wieder bei 100% bin, dann will ich natürlich regelmäßig 90 Minuten spielen und hoffe, dass wir oben dabei sind. Ich habe in den letzten Monaten gelernt, dass das Leben viel zu wertvoll und zu kurz ist, um zu lange vorauszuschauen und zu planen. Mit kurzfristigen, kleineren Zielen bin ich zuletzt immer besser gefahren, dabei bleib' ich auch.
 
fanreport.com: Zum Abschluss... Es gibt immer wieder Fußballer mit Herzerkrankungen. Was kannst du anderen mit ähnlichen Geschichten mitgeben?
 
Daniel Engelbrecht: Jeder ist für sein eigenes Leben verantwortlich. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Dinge so laufen, wie Gott es will. Ich wollte unbedingt spielen, deshalb bin ich auch zurückgekommen. Es gab natürlich die Empfehlung, dass ich mit dem Profifußball aufhöre, das wollte ich aber nicht. Jeder muss selbst entscheiden was es ihm wert ist und was er riskieren will, ich war bereit alles zu geben. Aber in solchen Situationen gilt es selbstverständlich auch mit dem gesunden Verstand abzuschätzen wie gefährlich die Lage ist und wie die Chancen stehen. Für mich war klar, so es nur eine 0,5%-ige Chance für ein Comeback gibt, dann würde ich es probieren. 

fanreport.com: Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch und alles Gute sowie Gesundheit für deine Zukunft!

 
 
Paul Reiter
Paul Reiter - Administrator
paul.reiter@fanreport.at

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