"Gibt's die unteren drei nicht, gibt's die oberen auch nicht"

08.06.2012

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USC Landhaus-Coach Thomas Flögel feierte an Fronleichnahm nicht nur seinen 41. Geburtstag, sondern auch seinen ersten Saisonabschluss mit den Floridsdorferinnen. "Ein kleines, aber wichtiges Fest. Wie bekommt man sonst noch einmal alle zusammen?", unterstreicht USC-Obmann Gerhard Traxler die Wichtigkeit des alljährlichen Zusammentreffens der USC-Familie. fanreport.com war ebenfalls unter den Partygästen und sah am Nachmittag den 5:2-Erfolg der ersten über die zweite Mannschaft(getestet wurden eine amerikanische Torfrau und eine slowakische Verteidigerin), bevor ab 18.00 Uhr dann richtig gefeiert werden durfte. Abseits von Torwandschießen, Tombola und Frankfurter mit Senf haben wir Thomas Flögel zum großen fanreport.com-Interview gebeten. Der Coach über das Aus beim Simmeringer SC und seine ersten Schritte in der ÖFB Frauenliga. Was er dem österreichischen Frauenfußball wünscht und vieles mehr.
fanreport.com: Danke, dass du dir Zeit genommen hast. Zunächst einmal: alles Gute zum Geburtstag!
Flögel: Danke!

fanreport.com: Du warst ja bis vor drei Monaten beim SC Simmering tätig. Was waren die Gründe warum du Simmering verlassen hast?
Flögel: Ich bin gegangen, weil ich meine Position als sportlicher Leiter nicht mehr von Nöten gesehen habe. Ich hätte dort die nächste Saison planen sollen, was für mich jedoch nicht mehr möglich war. Ich bin aber auch der Meinung, dass es in der Regionalliga keinen Sportlichen Leiter braucht. Nichts desto trotz bin ich überzeugt, dass wir, der Damir (Canadi, Trainer; Anm. d. Red.) und der Franz Weber (Geschäftsführer; Anm. der Red.) sehr gute Arbeit geleistet haben.

fanreport.com: Und wie bist du dann schließlich beim USC Landhaus gelandet?
Flögel: Das war ein bisserl ein Zufallsprodukt. Dadurch, dass ich individuelles Training für Jungs und Mädels anbiete (gemeinsam mit Damir Canadi; Anm. d. Red.), darunter auch welche vom USC Landhaus, zum Beispiel Deniz (Kuyucaklioglu). Irgendwann ist es dazu gekommen, dass ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen kann die Mädls zu trainieren. Durch die sehr guten Kontakte mit meinem Vorgänger Peter Leitl, der sehr sehr gute Arbeit geleistet hat und schließlich in Pension ging, bin ich dann eben zu Landhaus gekommen. Beim ersten Spiel gegen LUV Graz hat mich Peter noch unterstützt, weil ich die Mädls ja kaum kannte.

Es war einfach eine schnelle Entscheidung, die direkt aus dem Bauch heraus gekommen ist.
Flögel entschied sich für Damenfußball
fanreport.com: Warum Damenfußball? Du hattest doch bestimmt auch Angebote im Männerbereich.
Flögel: Es war eigentlich ein Bauchgefühl. Es war einfach eine schnelle Entscheidung, die direkt aus dem Bauch heraus gekommen ist und ich habe mir auch zugetraut einmal eine Mannschaft zu betreuen. Man muss dazu sagen, dass ich zurzeit noch mit einer Sondergenehmigung coache und im Frühjahr meine Lizenzen machen werde.

fanreport.com: Du kommst dann schließlich zum ersten Mal hier her auf den Landhausplatz. Was waren deine ersten Gedanken, die dich beim ersten Training begleitet haben?
Flögel: Zunächst muss ich sagen, dass ich vorher schon ein paar Spiele des USC Landhaus gesehen habe. Beim Training war ich dann sehr positiv überrascht. Wir haben Spielformen mit ein, zwei Mal berühren gespielt und die Mädls sind unglaublich flott unterwegs. Ich habe dann nach und nach die Spielerinnen besser kennengerlernt und bin dann draufgekommen, dass viele bei Austria und Rapid mit den Jungs trainiert haben und dann sieht man auch warum viele Spielerinnen einfach schon so weit sind. Die nächste Generation von Spielerinnen wird körperlich noch flinker werden und die Entwicklung wird wieder weiter gehen, obwohl die jetzt 16-, 17-jährigen – wie gesagt – auch schon sehr weit sind.

fanreport.com: Hast du Unterschiede zwischen Herren- und Damenfußball festgestellt, was die Trainingsarbeit betrifft?
Flögel: Am überraschendsten war für mich, dass die Muskulatur der Mädls zwar jener der Burschen sehr ähnlich ist, aber man viel mehr aufpassen muss. Man muss beispielweise mehr dehnen. Vom Spieltempo her ist es so, dass im Damenfußball vieles mit dem gleichen Tempo gespielt wird – was eventuell auf physische Kriterien zurückzuführen ist – und, dass sich die Damen sehr schwer tun was hohe oder halbhohe Bälle betrifft, darum versuche ich natürlich schon in der Trainingsarbeit den Ball immer flach zu halten. Ich habe bis jetzt auch ganz wenige Spielerinnen gesehen, die das Kopfballspiel wirklich beherrschen. Aber noch einmal: Vom spielerischen her war ich doch vom Damenfußball sehr angetan. Die Mädls lernen schnell und sind im Großen und Ganzen schon recht weit, es kommt halt immer drauf an, wo man hin will.

Ich werde mein Spielsystem danach ausrichten, welches Spielermaterial ich zur Verfügung habe.
Die Spielerinnen geben die Richtung vor
fanreport.com: Und wo willst du hin? Was sind deine Ziele für die Mädls, für den USC Landhaus?
Flögel: Mein Ziel ist, dass wir im oberen Drittel bleiben. Wir müssen sehen wie es bezüglich der Kaderplanung aussieht, die Kapitänin habe ich ja leider bereits verloren (Katja Trödthandl wechselt nach Valencia; Anm. d. Red.) und man muss sehen wer noch geht, oder wer noch kommt. Ich werde natürlich mein Spielsystem danach ausrichten, welches Spielermaterial ich dann tatsächlich zur Verfügung habe und dann kann ich glaub ich auch erst genaueres über Zielformulierungen sagen, wir werden aber sicherlich nicht mit Neulengbach oder Spratzern mithalten können. Auch Innsbruck ist sehr gut. LUV Graz mit dem riesen Lauf. Ich glaube aber, wenn wir den Kader halten können, spielen wir vielleicht im Bereich von LUV Graz mit.

fanreport.com: Wie wichtig ist dir Nachhaltigkeit?
Flögel: Das ist immer sehr wichtig, weil es für den Verein wichtig ist. Es kann beispielsweise nicht sein, dass ein Verein immer nur junge Spielerinnen ausbilden muss, die dann von anderen Vereinen aus Österreich weggeschnappt werden. Wenn Spielerinnen nach Deutschland, oder Spanien gehen sage ich ok, dann sollten alle etwas davon haben. Aber innerhalb Österreichs immer nur Spielerinnen aufzubauen und dann an die großen Vereine abzugeben halte ich für ‚a fade Gschicht‘.

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Kapitänin Trödthandl (li.) verlässt Landhaus in Richtung Valencia.
fanreport.com: Wie wichtig ist für dich die B-Mannschaft? In wie fern ist zum Beispiel die Veränderung im Trainerteam mit dir abgestimmt? (Erich Binderlehner übernimmt zur neuen Saison die zweite Mannschaft; Anm. der Red.)
Flögel: Das ist total mit mir abgestimmt. Erich und ich haben uns gestern schon geeinigt. Ich kenne seine Arbeit als Trainer zwar jetzt nicht so gut, jedoch bringt er einiges an Erfahrung im Bereich Frauenfußball mit (Binderlehner trainierte lange Jahre Groß-Schweinbarth; Anm. d. Red.). Für mich ist es wichtig, dass wir mit den B-Spielerinnen eine intensivere Trainingsbeziehung eingehen und ich so auch ein bisschen ein Auge auf die „Zweite“ werfen kann. Dabei ist es wichtig, dass die jungen Spielerinnen, die nach oben kommen das Tempo der Frauenliga gehen können – deshalb die intensivere Trainigsarbeit mit beiden Teams. Was jedoch nicht heißt, dass wir ständig Übungen zusammen machen. Wichtig ist, dass die einen wissen was die anderen tun!

fanreport.com: Schauen wir mal wie gut sich Thomas Flögel nach fast drei Monaten in der ÖFB Frauenliga schon auskennt. Wo warst du angestellt als Neulengbach zum letzten Mal zuhause verlor?
Flögel: Puh, die haben – vor der LUV Partie – schon lang nicht mehr daheim verloren. Wo war ich angestellt? Bei der Vienna vielleicht?
fanreport.com: 12. April 2004, du warst noch Profi bei der Wiener Austria.
Flögel: Ich sag ja, sehr lange (lacht).

fanreport.com: Wie fällt jetzt dein Fazit aus, nach fast drei Monaten Frauenliga?
Flögel: Neulengbach wird dem Punktevorsprung auf alle Fälle gerecht. Unter anderem aufgrund der Einzelspielerinnen und der Qualität in dieser Mannschaft. Sie haben natürlich das Privileg, dass sie es sich leisten können Spielerinnen aus dem Ausland zu verpflichten. Was jetzt vielleicht nicht unbedingt förderlich für die österreichischen Kickerinnen ist, aber im Endeffekt zählt der Erfolg und den schöpft Neulengbach komplett aus.

Gibt's die unteren drei nicht, gibt's die oberen auch nicht.
Flögel wünscht sich einen Ligasponsor
Es wäre super, wenn man noch mehr Sponsoren, nicht nur für diverse Clubs, sondern für die gesamte Liga bekommt. Das würde ich dem österreichischen Frauenfußball wünschen. Einfach das generell mehr gesamt gesponsert wird, denn: Gibt’s die unteren drei nicht, gibt’s die oberen auch nicht und dann kannst du den Spielbetrieb einstellen.

fanreport.com: Zum Schluss die obligatorische Frage: Wer wird Europameister?
Flögel: Spanien!

fanreport.com: Vielen Dank für das Interview, schönes Wochenende!

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Zur Person: Thomas Flögel (* 7. Juni 1971, in Wien) absolvierte im Laufe seiner Karriere 350 Bundesligaspiele u.a. für Admira, Pasching und "seine" Austria, für die er in insgesamt zehn Saisonen tätig war. Auch in der Regionalliga (First Vienna FC) und in der niederösterreichischen 2. Klasse (FK Blau-Weiß Hollabrunn) kickte Flögel gegen Ende seiner aktiven Karriere. Er lief 37 mal für das österreichische Nationalteam auf (drei Tore) und avancierte unter Teamchef Hans Krankl zum Kapitän. Mit Damir Canadi (trainiert aktuell den FC Lustenau) bietet Flögel mit "ISPR" individuelle Sportbetreuung an. Nach dem Aus als sportlicher Leiter beim Simmeringer SC, übernahm er im März das Traineramt beim USC Landhaus.
Kevin Bell
Kevin Bell - Redakteur
kevin.bell@fanreport.at

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