Goodbye Austria! Die Auswanderer (1) - Katja Trödthandl und Sarah Wronski

22.06.2012

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Keine Angst liebe fanreport.com-User. Ihr seit nicht auf VOX gelandet und hier steht auch ganz bestimmt nichts über Konny Reimann oder Daniela Katzenberger. Nachdem der Saisonrückblick gerade Halbzeitpause hat, bleibt etwas Zeit für den Startschuss zur großen Interviewserie "Goodbye Austria! Die Auswanderer". In den nächsten Wochen verlassen uns einige Spielerinnen in Richtung Ausland. Wir von fanreport.com wollen sie doch nicht so einfach gehen lassen! Wohin geht die Reise? Wie ist der Kontakt zustande gekommen? Wann sehen wir euch wieder? Fragen über Fragen. Im Rahmen dieser mehrteiligen Serie stehen die Spielerinnen Rede und Antwort. Den Anfang machen Katja Trödthandl(Landhaus) und Sarah Wronski(Spratzern), die ihr Glück in der kommenden Saison beim FC Valencia versuchen.
fanreport.com: Sprechen wir zunächst  über den Beginn eurer Karrieren. Wie seit ihr zum Fußball gekommen?
Katja: Mein Papa und mein Bruder spielen ebenfalls Fußball und wir waren oft in Mauerbach am Fußballplatz. Ich wollte schon immer mitmachen und ab sechs Jahren habe ich dann mit den Burschen mitgespielt. Unser Papa spielte mit uns eigentlich immer nur Fußball.
Sarah: Auch durch meinen Vater. Es wurde mir quasi in die Wiege gelegt, denn auch er hat Fußball gespielt. Ich war oft mit ihm auf dem Platz und habe auch im Hof gespielt. Irgendwann haben mich dann Freunde gefragt, ob ich nicht zu einem Verein gehen will und schließlich habe ich bei Hellas Kagran begonnen.

fanreport.com: Wie verlief der Übergang zum Damenfußball?
Katja: Als ich 14 war, nahm das BNZ St. Pölten erstmals auch Frauen auf und ich war dort mit Bibi (Reischer) und Gabi (Fiedler) eine der ersten die im BNZ trainiert haben. Damals war Neulengbach die erste Anlaufstelle für mich, auch weil es eine Art Kooperation zwischen der Schule und dem Verein gab.
Sarah: Ich habe überlegt zu welchem Verein ich gehen soll. Da ich in Wien wohne, ist eigentlich nur Landhaus in Frage gekommen - auch weil sie in der Bundesliga spielen.

fanreport.com: Wann ist euch erstmals der Gedanke gekommen ins Ausland zu gehen?
Katja: Bereits mit 14 wollte ich nach Amerika gehen, was einerseits etwas teuer war, andererseits habe ich mir vielleicht auch ein bisschen ins Hemd gemacht, als 14-jährige alleine nach Amerika zu fahren. Zu Gunsten der Matura habe ich diesen Gedanken dann einmal aufgeschoben. Nach der Matura hat sich eigentlich nicht wirklich was ergeben, außerdem wusste ich nicht was ich studieren sollte. Dann hab ich einfach auf der Wirtschaftsuniversität angefangen und es hat mir gefallen. Was noch dazukam: Damals war ich neu bei Landhaus und ich bin nicht jemand der gerne so oft den Verein wechselt. Ja, und jetzt mit 23 denke ich mir: Jetzt ist vielleicht die letzte Chance!
Sarah: Auch mein Traum war es schon immer im Ausland zu spielen und mir war klar, dass ich es nach der Matura versuchen werde. Die Frage war nur: Wohin? Italien? Amerika? Was ich mir lange Zeit offen gelassen habe. Der spanische Fußball hat mir aber einfach schon immer am besten Gefallen, deshalb habe ich mich, oder wir uns, für Spanien entschieden.

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Kapitänin Trödthandl zog die Fäden im USC-Mittelfeld.
fanreport.com: Wie hat es sich ergeben, dass ihr dieses Projekt nun gemeinsam in Angriff nehmt, oder bereits genommen habt?
Katja: ... Das kann ich nicht genau sagen.
Sarah: Hmm, wir wissen selber nicht, wie das entstanden ist. Wir spielten zusammen bei Landhaus und irgendwann habe ich erfahren, dass sie auch nach Spanien will. Geredet haben wir damals schon, aber es war noch alles sehr weit weg.

fanreport.com: Warum Spanien und nicht Deutschland, Italien oder ein anderes Land?
Katja: Im Sommer 2011 habe ich bei Canon in Madrid ein Praktikum gemacht – davor absolvierte ich bereits einen Spanisch-Sprachkurs – und mir haben Land und Kultur sofort super gut gefallen. Mich hat Deutschland nie so extrem gereizt, obwohl die Liga sicherlich besser ist. Aber ich möchte gerne in Spanien meinen Master machen, die Sprache lernen, es hat für mich sozusagen einen Mehrwert. Nur für Fußball würd ich’s jetzt nicht machen und den ganzen Tag auf Training warten.
Sarah: Mir gefällt - wie gesagt - der spanische Fußball. Auch das Temperament und die Mentalität finde ich einfach toll, das ist ganz anders wie beispielsweise in Deutschland. Das haben wir bemerkt als wir zu Beginn des Jahres dort waren. Und am Meer zu leben ist auch etwas schönes.

fanreport.com: Katja, du sagst du willst deinen Master in Spanien machen. Was machst du abseits des Platzes Sarah?
Sarah: Also Spanisch spreche ich noch nicht so gut wie Katja, das muss ich jetzt lernen. Aber beim Training hatten wir keine Kommunikationsprobleme. In Valenica werde ich Volkswirtschaft studieren – auf Englisch.
Katja: Ich hatte kurz überlegt ob ich arbeiten gehen soll, jedoch hat Spanien eine enorm hohe Arbeitslosenrate und wenn man die Sprache nicht perfekt beherrscht, wird das nicht unbedingt leichter. Ich werde also meinen Master in International Business machen.

fanreport.com: Wie ist der Kontakt zum Club (Valencia Féminas) zustande gekommen?
Katja: Der Kontakt ging von uns aus. Wir haben uns in Spanien die erste Liga angesehen und uns unter verschiedenen Bedingungen sechs Vereine rausgesucht. Die erste Bedingung war, dass der Verein nicht im oberen Drittel der Tabelle spielt, weil da die Chancen für uns Österreicherinnen eventuell gering sind. Eine andere Bedingung war, dass der Club in einer großen Stadt beheimatet ist und nicht in irgendeinem Dorf - wir wollen ja schließlich studieren. Letztenendes haben wir zwei Vereine im Norden, die beiden Vereine in Madrid (Atletico, Rayo Vallecano) und die beiden Vereine in Valencia (Valencia CF, Levante) kontaktiert. Natürlich haben wir zunächst keine Antwort erhalten und mussten ein wenig hinterhertelefonieren. Irgendwann bin ich aber dann schließlich beim Manager vom FC Valencia gelandet, der zum Glück Deutsch sprach. Wir haben dann lange telefoniert und schlussendlich waren wir bereits im Februar (2012) zum Probetraining in Valencia. Die Kosten mussten wir natürlich selber tragen, aber der Manager hat uns sehr geholfen und das Hotel für uns organisiert.
Sarah: ...aber war am Anfang schon etwas frustrierend, weil wir so gut wie keine Antwort von den Vereinen erhalten haben und wenn, dann nur Absagen. Zum Glück sind wir hartnäckig geblieben.

Es wurde getanzt und gesungen.
In der Kabine geht's anders zu
fanreport.com: Welche Eindrücke konntet ihr vor Ort gewinnen?
Sarah: Die Trainingswoche in Valencia hat alle unsere Erwartungen weit übertroffen. Die Stadt, die Leute, alles war so wie man es sich erhofft hat. Als wir am Sonntag ankamen, waren wir gleich bei einem Meisterschaftsspiel (gegen Bilbao, Anm. d. Red.). Interessant war dabei die Stimmung und die Kommunikation auf dem Spielfeld. Es wird viel lauter und intensiver miteinander gesprochen als bei uns, manchmal wird auch geschimpft (lacht). Auch in der Kabine ist die Stimmung etwas anders, es wurde getanzt und gesungen.
Katja: Es hat unsere Erwartungen eben - wie gesagt - übertroffen und wir haben uns sofort sehr wohl gefühlt. Der Manager hat sich vor Ort um uns gekümmert und wir konnten ihn auch während der Woche jederzeit kontaktieren. Der Verein ist an den Herrenverein angegliedert, aber die Damen spielen und trainieren auf eigenen Plätzen – fast ausschließlich Kunstrasenplätze, die vorher aber bewässert werden. Weil am Montag trainingsfrei war, trainierten wir mit der U16 um uns selbst einfach ein zusätzliches Training zu ermöglichen. Im Laufe der Woche trainierten wir noch zwei Mal mit der ersten Mannschaft.

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Für 90 Minuten vergessen Sarah Wronski (hinten) und Kajta Trödthandl ihre Freundschaft
fanreport.com: Wie seht ihr eure Chancen auf einen Stammplatz?
Katja: Valencia hat einen 20-Mann Kader. Sie haben eine, die im U19-Nationalteam spielt – die ist weltklasse. Der Rest der Mannschaft befindet sich so ziemlich auf einem Niveau. Ich glaube schon, dass wir uns reinspielen können. Es wird vom Tempo sicher eine Umstellung und es wird sicher eine Zeit dauern bis wir uns daran gewöhnt haben. Valencia ist aber sicher keine Mannschaft die so gute Einzelspieler hat, wo du keinen verdrängen kannst.
Sarah: Es wird am Anfang sicher sehr schwierig, weil das Tempo einfach viel höher ist. Das haben wir bei dem Bilbao-Match beobachten können. Auch vom Klima her wird es schwer für uns sein, denn die Spanierinnen sind das alle gewohnt. Grundsätzlich glaube ich aber, dass der Ehrgeiz und Potenzial auf jeden Fall da sind, um sich in die erste Elf zu kämpfen. Beim Training sind wir auf alle Fälle nicht abgefallen.

fanreport.com: Welches Niveau hat die spanische Liga und wie ist sie organisiert?
Katja: Die Liga besteht aus 16 Mannschaften – früher waren es 18 Mannschaften – und beginnt aufgrund der Hitze erst im September. Wegen der großen Anzahl von Spielen (30, Anm. d. Red.) ist die Winterpause relativ kurz. Zwar hat man über Weihnachten frei, aber im Jänner geht’s dann gleich wieder los. Mir taugt es, dass viel mehr Spiele sind als bei uns in Österreich, da kommt man in einen Rhythmus. Der Manager hat uns außerdem erzählt, dass es schwer ist zu den oberen sechs Teams zu wechseln. Zum Beispiel wollen die baskischen Vereine keine Ausländer, nur Basken.
Sarah: Das Wesentliche ist, dass es in der spanischen Liga mehrere Mannschaften gibt, die Meister werden können, oder auf hohem Niveau spielen. Nicht so wie bei uns, wo Neulengbach ganz oben steht. Dann kommen Spratzern und Innsbruck, die noch irgendwie mithalten können, aber dann doch nicht.

fanreport.com: Was gibt es zum Verein und zu Spanien sonst noch zu sagen?
Katja: Valencia ist sicher kein Verein der viel Geld hat, versucht aber so professionell wir möglich zu arbeiten. Beim Training sind fünf Trainer und Physiotherapeuten anwesend und alle haben denselben Trainingsanzug an. Sofort mitbekommen haben wir die Rivalität gegenüber Levante und das familiäre Umfeld. Die Damenabteilung hat alle möglichen Jugendmannschaften und die Spielerinnen kommen meist schon im Kindesalter zum Verein.  
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Sarah Wronksi (re.) wird sich auch in Valencia reinhängen.
Sarah: Der Verein versucht eben nicht jedes Jahr fünf, sechs neue Stars zu holen, sondern wirklich die Spielerinnen aus der eigenen Jugend aufzubauen. Das Wichtigste ist das familiäre Umfeld und das Gemeinschaftsgefühl.
Katja: An die Mentalität muss man sich aber auch erst gewöhnen. Zum Beispiel haben wir bei unserer Abreise vereinbart, dass der Manager uns Bescheid sagt, ob wir genommen werden oder nicht. Gemeldet hat er sich erst sechs Wochen später, wir waren schon verzweifelt. Es wurde uns gesagt, dass es quasi "eh klar" gewesen ist, dass sie uns nehmen.

fanreport.com: Was lasst ihr hier in Österreich zurück und wie lange bleibt ihr weg?
Katja: In erster Linie lasse ich meine Familie zurück. Es ist nicht so leicht für meine Mutter, die von klein auf immer mit mir zu den Spielen gefahren ist. Mein Vater arbeitet in der Türkei und kommt nur am Wochenende nach Hause, da war es bis jetzt schon schwer ihn zu sehen. Dann natürlich meine Freunde – es waren beim Saisonabschluss am Landhausplatz schon auch ein paar Tränen dabei. Ich musste außerdem meine Wohnung kündigen, das tut mir auch weh, weil ich erst vor einem Jahr eingezogen bin, mich eingerichtet habe und jetzt schon wieder ausziehen muss – wenn ich dann mal da bin muss ich halt in Gablitz wohnen (lacht).
Sarah: Geplant ist es einmal ein Jahr zu bleiben, aber ich könnte mir vorstellen, wenn alles passt, auch zwei Jahre zu bleiben. Vielleicht kommen wir aber auch nach drei Monaten zurück, wenn es überhaupt nicht passt? Darüber will ich mir aber gar keine Gedanken machen.
Am schwersten fällt es mir meine kleine Schwester zurückzulassen, aber natürlich auch den Rest der Familie und meine Freunde. Wenn ich aber darauf Rücksicht nehmen würde, würde ich es nie ins Ausland schaffen.

Ich halte es für wichtig sich erst einmal in Österreich durchzusetzen.
Katja's Ratschlag
fanreport.com: Was würdest du deinen jungen Kolleginnen raten, die auch ins Ausland gehen wollen?
Katja: Vielleicht ist es besser umso früher man ins Ausland geht und auf einem höheren Niveau spielt. Trotzdem halte ich es für wichtig sich erst einmal in Österreich durchzusetzen und erst dem Schritt zu machen, wenn man ein bisschen reifer ist. Für mich war es so jedenfalls besser.
Sarah: Wenn man das Gefühl hat, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, muss man sich trauen. Man muss es aber schaffen mit der Familie, den Freunden ein Stück weit „abzuschließen“. Es ist schon etwas ungewisses, aber es wird eine Erfahrung sein, die es definitiv Wert sein wird.

fanreport.com: Abschlussfrage: Es ist ja gerade Fußball-EM. Spielt ihr nächstes Jahr im Land des Europameisters?
Sarah: Ja!
Katja: Nein! Deutschland wird Europameister!
Sarah(lacht): Darüber streiten wir eh schon länger!

fanreport.com: Vielen Dank für das Interview und alles Gute in Spanien! 

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Zur Person:
Katja Trödthandl (* 13. Mai 1989) spielte in ihrer Karriere für Mauerbach(Burschen), Neulengbach und den USC Landhaus, wo sie zuletzt Kapitänin war. In der laufenden Europameisterschaftsqualifikation war sie in jedem Spiel im Kader - beim Heimsieg gegen Armenien stand sie in der Startelf. Nach einem Kreuzbandriss ist die Mittelfeldregisseurin längst wieder in Topform und erzielte in dieser Saison (in der sie alle Spiele durchspielte!) neun Treffer. Im Cup kam noch einer dazu! Katja war bereits fünf mal österreichischer Meister und ebenso oft Cupsieger (jeweils mit Neulengbach).
 
Sarah Wronski (* 9. November 1993) begann ihre Karriere bei Hellas Kagran(Burschen), ehe sie über den USC Landhaus zum ASV Simacek Spratzern kam. Mit dem Aufsteiger belegte sie am Ende sensationell Platz Zwei hinter Serienmeister Neulengbach. Sarah verbuchte heuer 15 Einsätze und erzielte dabei vier Tore, auch im Cup traf sie einmal. Die Mittelfeldspielerin geigte auch schon im U19-Nationalteam.

 
Photos: Monika Trödthandl 

Kevin Bell
Kevin Bell - Redakteur
kevin.bell@fanreport.at

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