Goodbye Austria! Die Auswanderer (2) - Romina Bell

08.07.2012

goodbyeaustria
Weiter geht's mit der großen fanreport.com-Interviewserie "Goodbye Austria! - Die Auswanderer". Nachdem Katja Trödthandl und Sarah Wronski vergangene Woche über ihre Zukunft in Valencia sprachen, haben wir nun Neulengbach-Verteidigerin Romina Bell getroffen. Im zweiten Teil von "Goodbye Austria!" erzählt die 19-jährige von ihrem bevorstehenden Wechsel ans "American International College" nach Springfield, Massachussetts.
fanreport.com: Auch an dich zunächst die Frage: Wie bist du zum Fußball gekommen?
Romina: Eigentlich hat es damit begonnen, dass mein Bruder auch Fußball gespielt hat und ich am Fußballplatz Stockerau oft zugeschaut habe. Irgendwann habe ich dann einmal mittrainiert und seitdem konnte ich mich nicht mehr vom Fußball trennen. Es liegt vermutlich in meinen Genen, weil mein Vater, mein Onkel und mein Opa ebenfalls gespielt haben.

fanreport.com: Wie war der Übergang zum Frauenfußball?
Romina: Nach dem mir nach der U15 nichts anderes mehr übrig geblieben ist – weil ich nicht mehr mit den Burschen mitspielen durfte, musste ich mir natürlich einen anderen Verein suchen. Ich wollte das Fußballspielen keinesfalls aufgeben. Schlussendlich ist es dann der NÖSV Neulengbach geworden.

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Die größte Stärke der Innenverteidigerin ist der Luftkampf.
Fotocredit: Michael Kainz
fanreport.com: Wann ist dir erstmals der Gedanke gekommen ins Ausland zu gehen?
Romina: Prinzipiell war es schon von klein auf ein Traum von mir im Ausland zu spielen, vorallem in Amerika, weil mir Sprache und Kultur sehr gut gefallen. Das Ansehen des Frauenfußballs ist außerdem sehr hoch, der ist dort nämlich populärer als der Männerfußball. Richtig dahinter bin ich aber jetzt seit über einem Jahr und deshalb bin ich sehr froh, dass es jetzt geklappt hat.

fanreport.com: Warum Amerika und nicht Spanien, Deutschland, Italien?
Romina: Nach Deutschland wollte ich nicht, weil schon so viele Österreicherinnen dort spielen – was natürlich nichts Schlechtes ist – aber ich wollte eine ganz neue Herausforderung. Und Amerika deshalb, weil es mir - wie gesagt - aufgrund der Sprache und der Kultur sehr gut gefällt. Der amerikanische Frauenfußball ist  zudem physischer als der österreichische und von da her denke ich, dass ich mich dort noch weiterentwickeln kann und wertvolle Erfahrung sammeln werde.

fanreport.com: Wie ist der erste Kontakt nach Amerika zustande gekommen?
Romina: Angefangen hat es damit, dass ich durch Freunde der Familie den Kontakt nach Amerika aufbauen konnte und auch letztes Jahr im Sommer bereits zwei Wochen in die Staaten geflogen bin, in den Bundesstaat Pennsylvania. In Westchester wohnte ich gemeinsam mit den Bekannten in einem riesen Haus und war in der Zeit auf zwei Trainingscamps. Am Anfang war es schon recht eigenartig, weil das Training bis zu vier Stunden täglich dauerte. In unseren Kreisen dauert ja das Training „nur“ rund 90 Minuten. Danach lernte ich auch noch die Teams bzw. die Universitäten Lasalle und UPenn (University of Pennsylvania, Anm. d. Red.) kennen.

Vor Ort hatte ich mit einigen Trainern Kontakt, schlussendlich ist es aber dann eine ganz andere Universität geworden. Eine Organisation in Deutschland hat mir dabei geholfen, die zahlreichen Angebote zu organisieren und zu bewerten, wodurch ich – nach langem hin und her – schließlich die Entscheidung zugunsten des AIC traf.

Sie lernen dich sehr schnell kennen, aber vergessen dich auch sehr schnell wieder!
Kontaktepflegen ist in den USA wichtig
fanreport.com: Bevor wir auf das College zu sprechen kommen: Welche Eindrücke konntest du vergangenen Sommer in Amerika gewinnen?
Romina: Die Amerikaner sind grundsätzlich sehr nett und gastfreundlich. Sie lernen dich sehr schnell kennen, aber vergessen dich auch sehr schnell wieder! Es ist also notwendig, dass man regelmäßig Kontakt hält. Fußballerisch sind die Teams sehr gut. Zwar unterscheidet sie technisch und taktisch nicht viel vom Niveau der Topteams der Frauenliga, aber vom körperlichen sind sie um einiges besser beieinander.

fanreport.com: Erzähl uns etwas über dein zukünftiges College, das AIC! Warum hast du dich ausgerechnet für dieses College entschieden?
Romina: Das „American International College“ befindet in Springfield, im Bundesstaat Massachusetts, im Nord-Osten des Landes. Das Fußballteam spielt in der zweiten Liga des College-Sportverbandes „NCAA“(National Collegiate Athletic Association; Anm. d. Red.). Der entscheidende Punkt war, dass der Coach von Beginn an sympathisch wirkte. Wir hatten über die letzten Monate hinweg ständigen Mailkontakt und sogar telefoniert – er war sehr um meine Verpflichtung bemüht. Zudem waren die „Yellow Jackets“, wie das Fußballteam heißt, auf der Suche nach einer Verteidigerin und zusätzlich bietet das AIC jene Studienrichtung(Lehramt, Anm. d. Red.) an, die ich auch später in Österreich weiterverfolgen will. Das Gesamtpaket hat also gepasst. Es ist aber so, dass das erste halbe Jahr der Fokus beim Sport liegen wird. Zwei Trainingseinheiten pro Tag und im Schnitt jeden dritten, vierten Tag ein Spiel. Das heißt, es wird in der ersten Jahreshälfte eher mehr Rücksicht auf Fußball genommen.

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Bell spielte heuer insgesamt 2.173 Minuten für den NÖSV. Nur Gstöttner, Monica und Entner spielten mehr.
Fotocredit: Michael Kainz
fanreport.com: Du hast erwähnt, dass du dort in der zweiten Liga spielst. Was bedeutet das und wie ist die NCAA strukturiert?
Romina: Es gibt innerhalb der NCAA drei Divisionen, in welche die Hochschulen prinzipiell nach der Größe zugeteilt werden. Die größten Unis des Landes spielen also in der Division I. Man kann somit nicht sagen, dass die Teams aus Division II automatisch schwächer sind als jene der Divison I. In der zweiten Division, in der ich mit den „Yellow Jackets“ spielen werde, gibt es rund 200 Teams, aber man spielt natürlich nicht gegen jeden. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Conferences innerhalb dieser die Wege natürlich kürzer sind. Die „Yellow Jackets“ spielen in der „Northeast-10“ (Conference; Anm. d. Red.) gemeinsam mit 15 anderen Teams. Die besten Teams jeder Conference spielen sich dann in einem Baumsystem, vergleichbar mit einem Tennisturnierplan, den „National Champion“ aus. Ziemlich kompliziert, wenn man mit der amerikanischen Sport- und Hochschulstruktur nicht vertraut ist.

fanreport.com: Wie sind deine Chancen auf einen Stammplatz und was sind deine Ziele?
Romina: Die Chancen auf einen Stammplatz kann ich überhaupt nicht einschätzen, weil ich meine Mannschaftskolleginnen noch nicht gesehen habe. Ich glaube aber, dass ich relativ gute Chancen habe, sonst wäre der Trainer nicht so bemüht gewesen, mich zu verpflichten. Außerdem habe ich genug Qualitäten, weil ich schon sehr viel Erfahrung mitbringen kann, sei es aus Neulengbach, wo ich mir einen Stammplatz erarbeitet habe, aus der Champions League, oder aus den Nationalteams. Ziel ist es also einen Stammplatz zu sichern und mit dem „Yellow Jackets“ viele Spiele zu gewinnen. Ich hoffe mich als Spielerin, sowie als Persönlichkeit weiterentwickeln zu können. Abseits des Fußballs möchte ich die Sprache noch besser erlernen und neue Freunde kennen lernen.

fanreport.com: Wie lange bleibst du in Amerika und was lässt du hier zurück?
Romina: Das kann ich jetzt noch nicht sagen, da ich erst schauen muss wie es mir gefällt. Prinzipiell habe ich vor so lange zu bleiben wie es mir Spaß macht und solange es Sinn macht. Die Schule dauert fünf Jahre, Fußballspielen kann ich aber nur maximal vier Jahre (aufgrund des Relgements; Amn. d. Red.).

Wenn ihr das Gefühl habt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, ergreift auf alle Fälle die Chance.
Romina's Ratschlag
Was ich hier zurücklasse, ist natürlich meine Familie, die mir sehr wichtig ist, und natürlich auch meine Freunde. Aber ich denke, dass das eine Chance ist, die ich nutzen muss. Ich verlasse mit Neulengbach eine tolle Mannschaft, die mir sehr ans Herz gewachsen ist und verliere natürlich die Chance in der Champions League zu spielen.

fanreport.com: Was würdest du deinen jungen Kolleginnen raten, die auch ins Ausland gehen wollen?
Romina: Wenn ihr das Gefühl habt, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, ergreift auf alle Fälle die Chance. Die Zeitspanne zwischen dem Ende der Schule und dem Beginn eines Studiums oder dem Start ins Berufsleben eignet sich zum Beispiel hervorragend. Aber ich finde es wichtig sich ein zweites Standbein zu schaffen und nicht nur wegen dem Fußball irgendwo hinzuwechseln. Auch die Schule würde ich auf keinen Fall für einen Auslandstransfer abbrechen!

fanreport.com: Vielen Dank für das Interview und alles Gute im Land der unbegrenzten Möglichkeiten! 

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Zur Person:
Romina Bell  (* 14. Mai 1993) begann ihre Karriere beim SV Stockerau, wechselte aber schon bald zum SV Spillern, wo sie bis zu ihrem 15. Lebensjahr spielte und als Kapitänin auflief. Mit ihrem Wechsel ans BORGL (BNZ) St. Pölten, begann auch ihre Laufbann beim NÖSV Neulengbach Pflegeheim Beer, mit dem sie bis dato vier Cupsiege und drei Meistertitel gewinnen konnte. Außerdem durchlief sie sämtliche Jugendnationalteams und hat ein A-Länderspiel auf dem Konto.
 

Photos: Michael Kainz 
Kevin Bell
Kevin Bell - Redakteur
kevin.bell@fanreport.at

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